Aus der Geschichte des Schützenvereins Benolpe e. V.
Es war im Jahre 1905. Die alte Benolper "Salatkirmes", ein Volksfest, das seit vielen Jahren als einziges Fest in der näheren Umgebung am
Sonntag vor Johannes (24. Juni) dem alten Benolper Kirchweihtag (Kirchweihe der alten Kapelle) gefeiert wurde, war gefährdet. Der
Gastwirt August Schmies, der bis dahin verantwortliche Veranstalter, konnte und wollte das damit verbundene Risiko nicht mehr alleine
tragen. Da schlug der damalige Vikar Josef Schlüter die Gründung eines Schützenvereins vor. Man griff diesen Gedanken begeistert auf und
setzte ihn in der Gründungsversammlung am 23. Juli 1905 in die Tat um. Diese Vorgeschichte wirkte sich deutlich auf das
Gründungsprotokoll aus. Denn aus diesem ist zu entnehmen, daß nicht ein kriegerischer Verein, sondern ein Heimatverein gegründet
wurde, um, "...durch ein jährlich abzuhaltendes Volksfest die Gemeindemitglieder zu einem fröhlichen,
gemütlichen Zusammensein zu vereinigen, um bei Musik, Tanz und Bier Eintracht und Frohsinn in
echt deutlicher Weise zu pflegen". Diesem Motto ist der Schützenverein bis heute treu geblieben.
Als erster Vorsitzender wurde August Schmies und als sein Stellvertreter Johann Nolte (Pickes)
gewählt. Julius Japes übernahm das Amt des Rendanten. Johann Kraume wurde Hauptmann und
Johann Greiten sein Stellvertreter. Am 7. August 1906 wurde das erste Statut genehmigt. Am Sonntag
vor Johannistag des Jahres 1907 feierte man das erste Schützenfest auf der unterhalb des Dorfes
gelegenen Wiese des Anton Fischer.
Wilhelm Picker wurde erster Benolper Schützenkönig, Fräulein Maria Japes Königin.
Bis zum Jahre 1914 wurden sämtliche Feste auf Fischers Wiese gefeiert. Während des ersten Weltkrieges ruhte das Vereinsleben. Vier
Schützenbrüder besiegelten ihre Liebe zu Heimat und Vaterland mit dem Tode.
Am 27. Juni 1920 erstand der Schützenverein zu neuem Leben, aber erst 1922 dachte man wieder an ein Schützenfest. In diesem Jahre
wurde der Vogel unterhalb des Dorfes, in der sogenannten "Schlenke" mit Steinen abgeworfen. Schon das nächste Fest fiel wegen der
katastrophalen Geldentwertung wieder aus. Im Jahre 1924 trat der Schützenverein Benolpe dem neu gegründeten Schützenbund des
Kreises Olpe bei. In diesem Jahre wurde auch das Schützenfest zum erstenmal nach 1914 wieder in althergebrachter Weise gefeiert, diesmal
auf der oberhalb des Dorfes gelegenen Wiese des Wilhelm Eberts.
1925 beschloß man die Anschaffung einer Fahne. Am 21. Juni des gleichen Jahres wurde diese feierlich eingeweiht. Zahlreiche
Brudervereine waren anwesend. Die Ehrendamen überreichten eine Fahnenschleife. Gleichzeitig fand ein Blumentag statt, dessen Erlös zur
Innendekoration der Kirche verwandt wurde. Im folgenden Jahr fiel das Schützenfest infolge Regierungsverbotes aus. Der Verein errichtete
in der Heßmecke einen Schießstand und beschloß, einen neuen Tanzboden und das Gestänge für ein neues Festzelt zu kaufen. Das Alte
war im Jahr 1915 für 724 Mark veräußert worden. Im Jahre 1930 beging der Verein sein 25jähriges Bestehen. Johann Kniep errang die
Kaiserwürde und erhielt als Anerkennung den Kaiserhut. 1931 und 1932, in den Jahren der großen Arbeitslosigkeit, fiel das Schützenfest aus.
Dann wurde es aber bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges regelmäßig wieder gefeiert. Im Jahre 1934 nahm der Verein am
Bundesschießen in Rüblinghausen teil und errang eine Wehrmannbüchse.
Auch der zweite Weltkrieg konnte das Vereinsleben nur zeitweilig lahmlegen. Die Schützenfeste sind als echte Volksfeste so tief im
Volkstum unserer sauerländischen Heimat verwurzelt, daß man sie einfach nicht mehr daraus fort denken kann.
Sobald die schreckliche Zeit der Jahre 1939 1948 überwunden war, taten sich im Jahre 1948 einige junge Leute zusammen, stellten einen
Vogel auf und warfen ihn mit Steinen ab. So gaben diese jungen Leute das Signal wieder mit dem Schützenwesen zu beginnen.
Gemeinsam, unter der Federführung des Sportvereins, wurde in der nächsten Zeit eine Mehrzweckhalle errichtet. Diese Halle brachte für
den Schützenverein den großen Vorteil, daß sich der lästige Zeltaufbau für die Zukunft erübrigte. Weiter wurde der schöne Hardtplatz
wieder hergerichtet. Und so konnte im Jahre 1950 nach 12 Jahren Unterbrechung wieder das erste Fest nach dem zweiten Weltkrieg
gefeiert werden.
In dieser Zeit des Aufblühens fanden sich musikbegeisterte Schützen zusammen und ließen einen bereits vor dem zweiten Weltkrieg
bestandenen Tambourcorps wieder aufleben. Der so neugegründete Spielmannszug wurde vom Schützenverein mit Uniformen und
Instrumenten ausgestattet und verschönte lange Jahre die Schützenfeste in Benolpe und den Nachbardörfern. Schon nach kurzer Zeit
konnte er gelegentlich eines Freundschaftstreffens der Tambourcorps-Vereinigung "Lennering" in Dünschede die Wanderkette seiner
Klasse erringen.
In den folgenden Jahren, nach 1950 bis heute, wurden die Schützenfeste jedes Jahr gefeiert. Leider konnte der alte traditionsmäßige Tag
(Sonntag vor Johannes) nicht immer eingehalten werden. Auch mußte später von der gleichfalls alten Tradition, Schützenfest am Sonntag
und Montag zu feiern, abgegangen werden. Die Verlegung erfolgte auf den Samstag und Sonntag.
Im Jahre 1955 wurde das 50jährige Jubelfest mit vielen Gastvereinen drei Tage lang gefeiert. Mit Begeisterung rangen, aus Anlaß dieses
Jubelfestes, die noch lebenden Schützenkönige der vorherigen Jahre um die Kaiserwürde, die dann schließlich der Schützenkönig des
Jahres 1952 Siegfried Streletz errang, Kaiserin war Fräulein Maria Langenkemper, Gelsenkirchen.
Die beiden nächsten Kaiserschiessen wurden mit jeweils 10 Jahren Abstand gefeiert. Ab 1975 wurde der 5jährige Rhythmus eingeführt.
Hier eine Liste der bisherigen Regenten.
1980 wurde das 75jährige Jubiläum begangen. Seit diesem Jahr gibt es auch einen Jungschützenkönig.
1979 übernahm der Schützenverein vom Sportverein die im Jahre 1948/49 erbaute Mehrzweckhalle. Damit änderte sich der Name der Halle
auch nach Fug und Recht in Schützenhalle. Als Dorfgemeinschaftshalle kann sie von jedem Bürger gemietet werden. Gerne wird dieses
Angebot genutzt, denn nach vielen Modernisierungen ist diese Halle ein Schmuckstück geworden.
Tragisches Unglück am Schützenfestmontag 1934
von Ulrich Rauchheld, Lennestadt-Bilstein
Es war Montag der 2. Juli 1934. Gegen 8.00 Uhr machten sich die Lehrerin Steinmetz und der Hauptlehrer Knop von der Volksschule
Benolpe mit ihren Schulkindern auf den Weg Richtung Benolper Kreuz. Dort oben wollten sie gemeinsam "Auf dem Löh" Waldbeeren
suchen. Mit dem Verkaufserlös der Beeren, sollte wie in den Jahren vorher, einen Ausflug nach Köln gemacht werden. Mit dabei auch die 8
jährige Maria Löcker, die Tochter des Land - u. Gastwirtes Franz Löcker. Mit ihrer Freundin Adelheid Schäfer sammelte sie kniend eifrig
Waldbeeren für diese gemeinsame Sache. Man erzählte sich Geschichten vom vergangenen Wochenende und auf einmal fiel Maria mit
dem Kopf nach Süden gewandt, rückwärts auf den Boden und blieb leblos liegen. Sofort eilten die Lehrpersonen herbei und sahen, dass
Maria eine kleine offene Wunde am Hinterkopf hatte. Hauptlehrer Knop trug Maria nach Benolpe. Es wurde ein Fahrzeug besorgt und zur
ärztlichen Versorgung nach Dr. Bremm in Welschen Ennest gefahren. er stellte eine Geschwulst oberhalb des linken Auges fest. Der
Verletzung am Hinterkopf, schenkte er keine Bedeutung . So kam sie ins Altenhundemer Krankenhaus und wurde von Dr. Gladen operiert.
Der Puls des Kindes war zu diesem Zeitpunkt kaum noch fühlbar. Auch hier wurde der Verletzung am Hinterkopf keine Bedeutung
geschenkt. Man öffnete die fünfzigpfennigstückgroße Geschwulst und es floss Blut, Knochensplitter und Gehirnmasse heraus. Maria starb
am gleichen Tag um 20.00 Uhr, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben.
In Benolpe war man fassungslos.
Wie konnte Maria an einer äußerlich harmlosen Verletzung sterben? Unter großer Anteilnahme der Benolper Bevölkerung und der
gesamten Schüler der Benolper Schule wurde sie am 7. Juli 1934, auf dem alten Benolper Friedhof beerdigt.
Jedoch ließ dieser Tod die Benolper nicht los. Adelheid Schäfer erinnerte sich, dass kurz bevor Maria zusammen brach, ein Surren gehört zu
haben. Der in der Nähe sich aufhaltende Kaufmann Valentin Nolte aus Benolpe meinte später, mehrere Geschoßeinschläge im Unterholz
wahrgenommen zu haben. Förster Schubert[1] von der Einsiedelei sagte später: "Das Kind ist durch eine Kugel des Vogelschießens in
Bilstein zu Tode gekommen, welches am selben Tag stattgefunden hat." Gab es da eine Verbindung? Das Waldbeergebiet liegt genau in
Schießrichtung der Bilsteiner Vogelstange und 2 Kilometer Luftlinie entfernt. Die Eltern der kleinen Maria ließen keine Ruhe und
beauftragten den Rechtsanwalt Wurm aus Altenhundem, entsprechende Schritte einzuleiten. Am 1. November 1935 wurde beim
Landgericht Klage eingereicht. Am 3. April 1936 wurde Maria exhumiert und anschließend von dem Amtsarzt Dr. Veit aus Siegen obduziert,
weil nicht nur die Eltern der kleinen Maria vermuteten, dass die Kugel noch im Kopf des Kindes steckte.
Der Schützenverein Bilstein stimmte dieser Exhumierung zu. Noch am Benolper Friedhof[2a], wurde die stark verweste Leiche von Maria -
sie wog am Tag des Todes ca. 20 Kg - begutachtet, und der Kopf vom Rest der Leiche abgetrennt. Nach entfernen von Gewebe und
Weichteilen, zeigten sich zwei Öffnungen. Eine kreisrunde am Hinterkopf und eine größere an der Schläfe. Der Schädel wurde ausgespült
und die lockere faulige Gehirnmasse entfernt. Beim Durchsieben dieser Flüssigkeit fand man ein Hartmantelspitzgeschoß mit einer
Projektil breite von 8 mm. Die äußere Spitze war schräg abgerissen. Danach wurde der Schädel zur weiteren Untersuchung in das
Stadtkrankenhaus nach Siegen gebracht. Durch eine Röntgenuntersuchung wurde festgestellt, dass das Geschoß in der gesamten Länge
durch den Schädel geschlagen ist. So wurde eindeutig belegt, dass das Kind durch einen Gewehrschuss zu Tode kam.
Ein späteres Gutachten sagte Folgendes aus: "Es sei unbedingt der Schluss zu ziehen, dass die Geschosse aus dem Gewehr der 98er Waffe
sind, die am besagtem Tag in der Nähe des Benolper Kreuzes herunter gekommen sind und Maria Löcker in den Kopf trafen. Es handelt
sich weiter um abgelagerte Munition" , so der Gutachter.
Franz Löcker, vertreten durch Rechtsanwalt Wurm, klagte vor dem Landgericht Siegen gegen den Schützenverein Bilstein und Amt
Bilstein wegen Amtspflichtverletzung. Auf diese Punkte stütze sich die Anklage.
Der Schützenverein Bilstein hat nicht genügend auf das Vogelschießen aufmerksam gemacht. Man habe versäumt, Hinweise am
"Schwarzen Brett " in Benolpe und Nachbarorte anzubringen.
Nach Zeugenaussagen aus dem Veischedetal[1], wurden die letzten 20 Schuss beim Vogelschießen in Bilstein mit einer unzulässigen 98 er
Infantriewaffe, mit 8mm Stahlmantelmunition benutzt[2b]. Die Patronen wurden am Ende abgekniffen. Erlaubt waren 71 er Modelle mit
geringer Tragweite und Durchschlagskraft, sowie Munition mit Bleimantel.
Das Gutachten des Landgerichts.
Am 5. Juni 1936 einigten sich Franz Löcker vertreten durch Rechtsanwalt Wurm und der Bilstein Schützenverein, vertreten durch Karl
Grünewald, außergerichtlich auf eine Schadensersatzsumme von RM 2000,-. Die Beweislage gegen den Schützenverein Bilstein war
erdrückend eindeutig. Die Summe entspricht in der heutigen Zeit einer Kaufkraft von ca. € 10000,-. Der Schützenverein hatte für so einen
Fall eine Haftpflichtversicherung bei der Iduna-Germania abgeschlossen. Diese Versicherung zahlte die Summe. Der Schützenverein
Bilstein übernahm teilweise auch die Anwalts - u. Gerichtskosten von Franz Löcker.
Das Amt Bilstein stimmte dem Vergleich nicht zu. Franz Löcker hätte dann beim Verfahren vor dem Oberlandesgericht die Möglichkeit
gehabt, wegen fahrlässiger Amtspflichtverletzung zu klagen. Was lag dieser Klage zur Grunde: Amtspflichtverletzung, weil der zuständige
Polizeisekretär und Bürgermeister[3] beim Vogelschießen anwesend waren und das Schießen mit unzulässigem Gewehr und Munition
nicht unterbunden haben. Zudem hatte das Amt Bilstein die Genehmigung für das Vogelschießen gegeben, jedoch keine
Vorsichtsmaßnahmen wie Sperrung der Wege rechts und links von der Vogelstange und das anbringen von Hinweisschildern versäumt.
Franz Löcker wurde zu den Verfahren beim Landgericht Siegen am 7. Januar 1936, als auch beim Oberlandesgericht Hamm[4] am 18.
Februar 1937 das Armenrecht[5] nicht zuerkannt, weil keine ausreichende Aussicht bestand, den Rechtsstreit zu gewinnen, so das Gericht.
So verzichtete er auf ein weiteres Revisionsverfahren vor dem OLG und Reichsgericht in Leipzig.
Erklärung zum Vogelschießen: Bis Ende der 1950 er Jahre wurde auf allen Schützenfesten im Sauerland der Vogel bei Schützenfesten von
einer Stange geschossen . Hinter dem Stangenende befand sich kein Kugelfang. Erst in den 1950 er Jahre wurde an den Vogelstangen ein
Kugelfang zur Pflicht.
Diese Aufzeichnungen beruhen auf ein Gespräch vom 23. 2.2014 mit Herbert Krämer aus Bilstein. Herr Krämer stammt aus Benolpe und
wurde 1926 geboren. Seine Kindheit verbracht er in Benolpe und war am besagtem 2. Juli 1934 Schüler der Benolper Volksschule und beim
Waldbeerpflücken "Am Löh", dabei.
Frau Leni Löcker aus Benolpe stellte mir freundlicherweise alle noch verfügbaren Unterlagen zur Verfügung. Dies waren im einzelnen:
Zeugenaussagen, Klageschriften, Urteile von Gerichten, Briefe von Franz Löcker und Briefe von Rechtsanwälten Wurm und Grünewald. Es
waren etwa 200 Din A 4 Seiten. Sie stellte mir ebenfalls Bilder des Landgerichtes Siegen zur Verfügung.
Die Namen werden in der Prozessunterlagen genannt.
[1] Förster Schubert wurde im Juni 1945 durch russische Fremdarbeiter in seinem Forsthaus ermordet.
[2a] Der alte Benolper Friedhof befindet sich oberhalb von Benolpe Richtung Benolper Kreuz. Heute erinnert ein großes Kreuz an diesen
Friedhof.
[2b] Hier stellt sich die Frage: warum haben die Bilsteiner Schützen die letzten 20 Schuss mit diesem Infanteriegewehren gemacht? Die
Gewehre stammen aus dem Privatbesitz eines Bilsteiner Bürgers.
[3] Die Namen dieser Personen werden in den Prozessakten ebenfalls genannt.
[4] Vor dem OLG Hamm wurde Franz Löcker durch Dr. Pöppinghaus aus Hamm als Prozessbevollmächtigter vertreten.
[5] Armenrecht, heute Prozesskostenhilfe genannt, wird denen gewährt, die einen Bedürftigkeit nachweisen können. Das heißt: Das Führen
eines Zivilprozesses ist kostenlos un der Staat bezahlt sowohl den Anwalt als auch die Gerichtskosten.
Schützenverein Benolpe e.V.
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