Volkstrauertag 2023
Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren. Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde. Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten. Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind. Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.
Schützenverein Benolpe e.V. Volkstrauertag 2023
Totengedenken
Versöhnung (Rose Ausländer)
Wieder ein Morgen ohne Gespenster im Tau funkelt der Regenbogen als Zeichen der Versöhnung Du darfst dich freuen über den vollkommenen Bau der Rose darfst dich im grünen Labyrinth verlieren und wiederfinden in klarerer Gestalt Du darfst ein Mensch sein arglos Der Morgentraum erzählt dir Märchen du darfst die Dinge neu ordnen Farben verteilen und wieder schön sagen an diesem Morgen du Schöpfer und Geschöpf (aus: R.A.: Im Aschenregen die Spur deines Namens. Gedichte und Prosa 1976, 1984) * 11. Mai 1901 in Czernowitz, Österreich-Ungarn; † 3. Januar 1988 in Düsseldorf Juli 1941 Czernowitz. Auch Rumänen verfolgten und ermordeten Juden. Rose Ausländer wurde ins Ghetto der Stadt gesperrt, Sie durfte die Stadt auch nach der Auflösung des Ghettos nicht verlassen, entging jedoch Zwangsarbeit und Deportation und überlebte in einem Kellerversteck. Im Frühjahr 1944 marschierte die Rote Armee in Czernowitz ein, das nun wieder sowjetisch wurde, und befreite die wenigen überlebenden Juden.
Wie weiter nach den Kriegen? (Basierend auf einem Beitrag von TOBIAS BÜTOW UND ANNE TALLINEAU)
Die deutsch-französische Zusammenarbeit als Inspiration für Europa Zur Zeit des 2. Weltkriegs lebte in der französischen Gemeinde Oradour-sur-Glane die junge Frau Denise Bardet. Sie arbeitete als Grundschullehrerin. Gern las sie Goethe, Schiller, Kleist und Heinrich Mann und vermittelte ihren Schülern auch in Zeiten des Krieges ihre Bewunderung für die deutsche Literatur. Ihrer Mutter zuliebe hatte sie die Stelle an der örtlichen Mädchenschule angenommen. Am 10. Juni 1944, wenige Tage nach der Landung der Alliierten in der Normandie, wurde Denise 24 Jahre alt. Ihren Geburtstag wollte sie am Abend mit ihren Kolleginnen feiern. Jedoch kam es dazu nicht mehr. Denn in den Nachmittagsstunden umstellte eine Kompanie des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 „Der Führer“ das Dorf und ermordete die Männer, Frauen und Kinder. Oradour-sur-Glane wurde zum Schauplatz des grausamsten Verbrechens der deutschen Besatzer in Westeuropa. In der Kirche des Dorfes wurden die Lehrerin Denise Bardet, die 7- bis 8-jährigen Mädchen ihrer 2. Klasse und nahezu alle Frauen und Kinder des Dorfes eingesperrt. Eine Rauchbombe mit weißem Phosphor wurde in der Kirche gezündet. Wer daran nicht erstickte, der verbrannte im Feuer oder wurde beim Versuch erschossen, aus den Fenstern zu fliehen. Wie die Männer des Dorfes ermordet worden sind, will ich gar nicht darstellen. Die SS-Einheit hat diese barbarische Tat verübt, als Vergeltung für die Gefangennahme von zwei ihrer Kameraden durch die Resistance. 642 Franzosen wurden gnadenlos ermordet. Des Weiteren wurde das Dorf vollständig zerstört. Die Ruinen des Dorfes, welches vielleicht so groß wie unser Benolpe war, stehen heute noch als Teil der dort errichteten Gedenkstätte. Am 10. Juni 2024 jährt sich der Tag des Massakers zum 80. Mal. Das heutige Oradour-sur-Glane ist unweit der Ruinen des alten Dorfes neu erbaut worden. Man sollte meinen, dass solche Art von Verbrechen in unserer Zeit, in unserem aufgeklärten Europa nie wieder geschehen können. Und doch haben sich extreme Gewalt, Massaker und Verbrechen gegen die Menschlichkeit immer wieder in die Geschichte Europas eingeschrieben. In den 1990er Jahren geschah es auf dem Westlichen Balkan. Die Belagerung von Sarajevo kostete etwa 11.500 Menschen das Leben. Selbst in der „UN-Schutzzone“ Srebrenica war kein Schutz möglich. In Srebrenica wurden über 8.000 muslimische Männer und Jungen ermordet. In der Ukraine tobt schon seit 2014 ein Krieg. Insbesondere seit dem 24. Februar letzten Jahres, an dem russische Armeeeinheiten einmarschierten, tobt ein brutaler Krieg, der tausende von Opfern kostet. Millionen von Frauen, Kindern und junger Menschen mussten ihre Heimat verlassen und haben auch in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Zuflucht gefunden. Wenige Tage ist es her, dass im Nahen Osten Terroristen der Hamas scheinbar wie aus dem Nichts ihren Nachbarn Israel überfielen. Über 1.000 Zivilisten haben die Terroristen der Hamas bestialisch ermordet und über 200 Geiseln genommen. Vor dieser Aktion haben die Hamas tausende von Raketen auf Israel aus dem Gazastreifen abgefeuert. Dieser Beschuss dauert immer noch an. Im Zuge der israelischen Reaktion mit dem Ziel die Geiseln zu befreien und die Hamas auszuschalten sterben Tausende von Palästinensern. Wie können Palästinenser und Israelis in Zukunft ihren Frieden miteinander finden? Es ist scheinbar unvorstellbar, dass Frieden möglich sein kann, weil dieser Konflikt schon seit 75 Jahren besteht. Bisweilen scheint es, als ob Menschen und Gesellschaften nicht aus der Geschichte lernen würden. Doch die Jahrzehnte nach 1945 zeitigten auch eines der größten politischen Wunder der Weltgeschichte: die europäische Einigung. Europa ist heute in weiten Teilen befriedet und beweist, dass vormalige Konfliktregionen auch nachhaltig zu stabilen, prosperierenden und demokratischen Friedensregionen werden können. Vorausgesetzt Nationalismus, Rassismus und Men¬schenfeindlichkeit kehren nicht zurück an die Macht. Geschichte ist kein Schicksal. Aus Erzfeinden können beste Freunde werden, wie die deutsch-französische Annäherung nach 1945 zeigt. Freilich begünstigte vor 60 Jahren der geopolitische Kontext des Kalten Krieges die Annäherung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich. Und anders als in Osteuropa waren in Frankreich genozidale Gewaltexzesse wie in Oradour-sur-Glane Ausnahmen der deutschen Besatzungspolitik, die auch von Kollaboration gekennzeichnet war. Der Weg zur Zusammenarbeit, ja zur Freundschaft mit Frankreich war vor diesem Hintergrund für die Bundesrepublik nach 1945 um ein Vielfaches einfacher als beispielsweise die Annäherung an die Volksrepublik Polen. Doch waren es nicht nur Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer, die am 22. Januar 1963 mit dem Élysée-Vertrag eine bilaterale Vereinbarung der besonderen Art unterzeichneten. Die Annäherung beider Regierungen war auch eine Folge des zivilgesellschaftlichen Engagements ungezählter mutiger Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland und Frankreich. Auf die Initiative von Lucien Tharradin beispielsweise, Bürgermeister der französischen Stadt Montbéliard, ging die erste Städtepartnerschaft mit dem deutschen Ludwigsburg zurück. Schon im Juni 1950, weit mehr als ein Jahrzehnt vor dem Élysée-Vertrag, hatte der Buchenwald-Überlebende auf der deutsch-französischen Bürgermeisterkonferenz eine Städtepartnerschaft gefordert, die Austausche von Schülern, Studenten, Lehrlingen und älteren Bürgern ermöglichen sollte. Mit dem Vertrag von Aachen wurde 2019 die einzigartige bilaterale Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich auf „eine neue Stufe“ gehoben. Heute bestehen mehr als 2.200 Städtepartnerschaften und mehr als 3.000 universitäre Kooperationen. Nahezu 10 Millionen junge Menschen nahmen an den Programmen des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) und seiner Partner teil. Häufig wird das DFJW als das „schönste Kind des Élysée-Vertrages“ bezeichnet. Es sei „die größte Völkerwanderung in Friedenszeiten“, so der Historiker Joseph Rovan. Die Sprache des Nachbarlandes wird gelernt, gemeinsames Engagement gelebt, Selbstvertrauen entwickelt, grenzüberschreitende Projekte werden auf den Weg gebracht, SMS, Postkarten oder Bücher geschrieben, Freundschaften geschlossen und deutsch-französische Familien gegründet. Wissenschaftliche Studien zeigen: Wer für mehrere Tage in die Schuhe der anderen schlüpft, in einer Gastfamilie lebt und selbst zur Gastgeberin oder zum Gastgeber wird, macht oft eine „lebensprägende Erfahrung“. Der Motor der deutsch-französischen Zusammenarbeit ist hierbei Vertrauen, das auf den verschiedenen Ebenen unserer Gesellschaften in institutionalisierten Netzwerken entsteht und gelebt wird. Unsere Regierungen finden auch bei unterschiedlichen Interessen und Prägungen im vertrau-ensvollen Austausch Kompromisse, die oftmals für ganz Europa einen Weg bauen. Die generationsübergreifenden Netzwerke des Vertrauens sind eine der kostbarsten Errungenschaften der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Was für die deutsch-französische Freundschaft gilt, die wir im 60. Jubiläumsjahr des Élysée-Vertrages so festlich feiern, gilt auch insgesamt für das europäische Einigungsprojekt. Jede junge Europäerin und jeder junge Europäer sollte während der Schulzeit einen mehrtägigen Austausch erleben. Keineswegs ist Europa ein Elitenprojekt, sondern eine einzigartige Chance für jeden jungen Menschen. Freundschaft in und mit Europa ist die beste Prävention gegen Nationalismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Möge sich das Beispiel der Aussöhnung zwischen den beiden Völkern, die sich über Hundert Jahre als Erbfeinde betrachtet haben überall dort wiederholen, wo man sich heute vor lauter Unverständnis, Hass und unbegrenzter Gewalt nicht vorstellen kann, dass es gelingen kann Frieden herzustellen. Mit 20 Jahren hatte Denise Bardet im Dezember 1940 in ihr Tagebuch geschrieben: „Es könnte doch alles so einfach, so gut, so angenehm sein! Werden die Menschen denn nie ihr Paradies auf dieser Erde errichten? Arme Verrückte, die sich unnütz verschwenden. So viele Reichtümer schlummern in ihnen, doch sie ignorieren, begraben das, um ihre gemeinen und schädlichen Gedanken der Zerstörung walten zu lassen! Wie wäre die Welt schön und lebenswert, wenn jeder nur seine guten Neigungen in sich erblühen lassen könnte!“
Fürbitten
Du, Gott des Friedens und der Liebe: Wir bitten für alle Opfer der Gewalt und Kriege in der Ukraine, in Israel und Palästina, in Afghanistan, im Sudan, in Mali und an vielen anderen Orten unserer Welt. Wir bitten für alle, die Macht haben und Gewalt ausüben, dass sie sich bekehren zu Wegen des Friedens. Wir bitten für alle, die sich unermüdlich für Friedensprozesse, für Versöhnung und Gewaltlosigkeit einsetzen. Wir bitten für alle, die die Gefallenen und Gestorbenen betrauern, die versehrt an Leib und Seele sind und in ihrer Verzweiflung Trost und Hilfe suchen. Wir bitten für alle, die in Gräbern liegen und für alle Toten, denen ein Grab verwehrt wurde, vor allem auch für alle Frauen und Männer als Opfer sexualisierter und anderer schrecklicher Gewalt. Lebendiger Gott, Dein Sohn hat die seliggepriesen, die Frieden stiften. Höre und erhöre unser Gebet und sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.
Alle Texte zum Download ….hier
Schützenverein Benolpe e.V.
Volkstrauertag
Volkstrauertag 2023
Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren. Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde. Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten. Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind. Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.
Totengedenken
Versöhnung (Rose Ausländer)
Wieder ein Morgen ohne Gespenster im Tau funkelt der Regenbogen als Zeichen der Versöhnung Du darfst dich freuen über den vollkommenen Bau der Rose darfst dich im grünen Labyrinth verlieren und wiederfinden in klarerer Gestalt Du darfst ein Mensch sein arglos Der Morgentraum erzählt dir Märchen du darfst die Dinge neu ordnen Farben verteilen und wieder schön sagen an diesem Morgen du Schöpfer und Geschöpf (aus: R.A.: Im Aschenregen die Spur deines Namens. Gedichte und Prosa 1976, 1984) * 11. Mai 1901 in Czernowitz, Österreich-Ungarn; † 3. Januar 1988 in Düsseldorf Juli 1941 Czernowitz. Auch Rumänen verfolgten und ermordeten Juden. Rose Ausländer wurde ins Ghetto der Stadt gesperrt, Sie durfte die Stadt auch nach der Auflösung des Ghettos nicht verlassen, entging jedoch Zwangsarbeit und Deportation und überlebte in einem Kellerversteck. Im Frühjahr 1944 marschierte die Rote Armee in Czernowitz ein, das nun wieder sowjetisch wurde, und befreite die wenigen überlebenden Juden.
Wie weiter nach den Kriegen? (Basierend auf einem Beitrag von TOBIAS BÜTOW UND ANNE TALLINEAU)
Die deutsch-französische Zusammenarbeit als Inspiration für Europa Zur Zeit des 2. Weltkriegs lebte in der französischen Gemeinde Oradour-sur-Glane die junge Frau Denise Bardet. Sie arbeitete als Grundschullehrerin. Gern las sie Goethe, Schiller, Kleist und Heinrich Mann und vermittelte ihren Schülern auch in Zeiten des Krieges ihre Bewunderung für die deutsche Literatur. Ihrer Mutter zuliebe hatte sie die Stelle an der örtlichen Mädchenschule angenommen. Am 10. Juni 1944, wenige Tage nach der Landung der Alliierten in der Normandie, wurde Denise 24 Jahre alt. Ihren Geburtstag wollte sie am Abend mit ihren Kolleginnen feiern. Jedoch kam es dazu nicht mehr. Denn in den Nachmittagsstunden umstellte eine Kompanie des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 „Der Führer“ das Dorf und ermordete die Männer, Frauen und Kinder. Oradour-sur-Glane wurde zum Schauplatz des grausamsten Verbrechens der deutschen Besatzer in Westeuropa. In der Kirche des Dorfes wurden die Lehrerin Denise Bardet, die 7- bis 8-jährigen Mädchen ihrer 2. Klasse und nahezu alle Frauen und Kinder des Dorfes eingesperrt. Eine Rauchbombe mit weißem Phosphor wurde in der Kirche gezündet. Wer daran nicht erstickte, der verbrannte im Feuer oder wurde beim Versuch erschossen, aus den Fenstern zu fliehen. Wie die Männer des Dorfes ermordet worden sind, will ich gar nicht darstellen. Die SS-Einheit hat diese barbarische Tat verübt, als Vergeltung für die Gefangennahme von zwei ihrer Kameraden durch die Resistance. 642 Franzosen wurden gnadenlos ermordet. Des Weiteren wurde das Dorf vollständig zerstört. Die Ruinen des Dorfes, welches vielleicht so groß wie unser Benolpe war, stehen heute noch als Teil der dort errichteten Gedenkstätte. Am 10. Juni 2024 jährt sich der Tag des Massakers zum 80. Mal. Das heutige Oradour-sur-Glane ist unweit der Ruinen des alten Dorfes neu erbaut worden. Man sollte meinen, dass solche Art von Verbrechen in unserer Zeit, in unserem aufgeklärten Europa nie wieder geschehen können. Und doch haben sich extreme Gewalt, Massaker und Verbrechen gegen die Menschlichkeit immer wieder in die Geschichte Europas eingeschrieben. In den 1990er Jahren geschah es auf dem Westlichen Balkan. Die Belagerung von Sarajevo kostete etwa 11.500 Menschen das Leben. Selbst in der „UN- Schutzzone“ Srebrenica war kein Schutz möglich. In Srebrenica wurden über 8.000 muslimische Männer und Jungen ermordet. In der Ukraine tobt schon seit 2014 ein Krieg. Insbesondere seit dem 24. Februar letzten Jahres, an dem russische Armeeeinheiten einmarschierten, tobt ein brutaler Krieg, der tausende von Opfern kostet. Millionen von Frauen, Kindern und junger Menschen mussten ihre Heimat verlassen und haben auch in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Zuflucht gefunden. Wenige Tage ist es her, dass im Nahen Osten Terroristen der Hamas scheinbar wie aus dem Nichts ihren Nachbarn Israel überfielen. Über 1.000 Zivilisten haben die Terroristen der Hamas bestialisch ermordet und über 200 Geiseln genommen. Vor dieser Aktion haben die Hamas tausende von Raketen auf Israel aus dem Gazastreifen abgefeuert. Dieser Beschuss dauert immer noch an. Im Zuge der israelischen Reaktion mit dem Ziel die Geiseln zu befreien und die Hamas auszuschalten sterben Tausende von Palästinensern. Wie können Palästinenser und Israelis in Zukunft ihren Frieden miteinander finden? Es ist scheinbar unvorstellbar, dass Frieden möglich sein kann, weil dieser Konflikt schon seit 75 Jahren besteht. Bisweilen scheint es, als ob Menschen und Gesellschaften nicht aus der Geschichte lernen würden. Doch die Jahrzehnte nach 1945 zeitigten auch eines der größten politischen Wunder der Weltgeschichte: die europäische Einigung. Europa ist heute in weiten Teilen befriedet und beweist, dass vormalige Konfliktregionen auch nachhaltig zu stabilen, prosperierenden und demokratischen Friedensregionen werden können. Vorausgesetzt Nationalismus, Rassismus und Men¬schenfeindlichkeit kehren nicht zurück an die Macht. Geschichte ist kein Schicksal. Aus Erzfeinden können beste Freunde werden, wie die deutsch-französische Annäherung nach 1945 zeigt. Freilich begünstigte vor 60 Jahren der geopolitische Kontext des Kalten Krieges die Annäherung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich. Und anders als in Osteuropa waren in Frankreich genozidale Gewaltexzesse wie in Oradour-sur-Glane Ausnahmen der deutschen Besatzungspolitik, die auch von Kollaboration gekennzeichnet war. Der Weg zur Zusammenarbeit, ja zur Freundschaft mit Frankreich war vor diesem Hintergrund für die Bundesrepublik nach 1945 um ein Vielfaches einfacher als beispielsweise die Annäherung an die Volksrepublik Polen. Doch waren es nicht nur Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer, die am 22. Januar 1963 mit dem Élysée-Vertrag eine bilaterale Vereinbarung der besonderen Art unterzeichneten. Die Annäherung beider Regierungen war auch eine Folge des zivilgesellschaftlichen Engagements ungezählter mutiger Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland und Frankreich. Auf die Initiative von Lucien Tharradin beispielsweise, Bürgermeister der französischen Stadt Montbéliard, ging die erste Städtepartnerschaft mit dem deutschen Ludwigsburg zurück. Schon im Juni 1950, weit mehr als ein Jahrzehnt vor dem Élysée-Vertrag, hatte der Buchenwald-Überlebende auf der deutsch- französischen Bürgermeisterkonferenz eine Städtepartnerschaft gefordert, die Austausche von Schülern, Studenten, Lehrlingen und älteren Bürgern ermöglichen sollte. Mit dem Vertrag von Aachen wurde 2019 die einzigartige bilaterale Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich auf „eine neue Stufe“ gehoben. Heute bestehen mehr als 2.200 Städtepartnerschaften und mehr als 3.000 universitäre Kooperationen. Nahezu 10 Millionen junge Menschen nahmen an den Programmen des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) und seiner Partner teil. Häufig wird das DFJW als das „schönste Kind des Élysée-Vertrages“ bezeichnet. Es sei „die größte Völkerwanderung in Friedenszeiten“, so der Historiker Joseph Rovan. Die Sprache des Nachbarlandes wird gelernt, gemeinsames Engagement gelebt, Selbstvertrauen entwickelt, grenzüberschreitende Projekte werden auf den Weg gebracht, SMS, Postkarten oder Bücher geschrieben, Freundschaften geschlossen und deutsch- französische Familien gegründet. Wissenschaftliche Studien zeigen: Wer für mehrere Tage in die Schuhe der anderen schlüpft, in einer Gastfamilie lebt und selbst zur Gastgeberin oder zum Gastgeber wird, macht oft eine „lebensprägende Erfahrung“. Der Motor der deutsch-französischen Zusammenarbeit ist hierbei Vertrauen, das auf den verschiedenen Ebenen unserer Gesellschaften in institutionalisierten Netzwerken entsteht und gelebt wird. Unsere Regierungen finden auch bei unterschiedlichen Interessen und Prägungen im vertrau-ensvollen Austausch Kompromisse, die oftmals für ganz Europa einen Weg bauen. Die generationsübergreifenden Netzwerke des Vertrauens sind eine der kostbarsten Errungenschaften der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Was für die deutsch-französische Freundschaft gilt, die wir im 60. Jubiläumsjahr des Élysée-Vertrages so festlich feiern, gilt auch insgesamt für das europäische Einigungsprojekt. Jede junge Europäerin und jeder junge Europäer sollte während der Schulzeit einen mehrtägigen Austausch erleben. Keineswegs ist Europa ein Elitenprojekt, sondern eine einzigartige Chance für jeden jungen Menschen. Freundschaft in und mit Europa ist die beste Prävention gegen Nationalismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Möge sich das Beispiel der Aussöhnung zwischen den beiden Völkern, die sich über Hundert Jahre als Erbfeinde betrachtet haben überall dort wiederholen, wo man sich heute vor lauter Unverständnis, Hass und unbegrenzter Gewalt nicht vorstellen kann, dass es gelingen kann Frieden herzustellen. Mit 20 Jahren hatte Denise Bardet im Dezember 1940 in ihr Tagebuch geschrieben: „Es könnte doch alles so einfach, so gut, so angenehm sein! Werden die Menschen denn nie ihr Paradies auf dieser Erde errichten? Arme Verrückte, die sich unnütz verschwenden. So viele Reichtümer schlummern in ihnen, doch sie ignorieren, begraben das, um ihre gemeinen und schädlichen Gedanken der Zerstörung walten zu lassen! Wie wäre die Welt schön und lebenswert, wenn jeder nur seine guten Neigungen in sich erblühen lassen könnte!“
Fürbitten
Du, Gott des Friedens und der Liebe: Wir bitten für alle Opfer der Gewalt und Kriege in der Ukraine, in Israel und Palästina, in Afghanistan, im Sudan, in Mali und an vielen anderen Orten unserer Welt. Wir bitten für alle, die Macht haben und Gewalt ausüben, dass sie sich bekehren zu Wegen des Friedens. Wir bitten für alle, die sich unermüdlich für Friedensprozesse, für Versöhnung und Gewaltlosigkeit einsetzen. Wir bitten für alle, die die Gefallenen und Gestorbenen betrauern, die versehrt an Leib und Seele sind und in ihrer Verzweiflung Trost und Hilfe suchen. Wir bitten für alle, die in Gräbern liegen und für alle Toten, denen ein Grab verwehrt wurde, vor allem auch für alle Frauen und Männer als Opfer sexualisierter und anderer schrecklicher Gewalt. Lebendiger Gott, Dein Sohn hat die seliggepriesen, die Frieden stiften. Höre und erhöre unser Gebet und sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.
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